Zeit für den Geist
Thomas Röttcher - Curriculum Vitae

Durch das Atom-Unglück in Japan kocht hierzulande die Grundsatzdebatte um den Ausstieg aus der Kernkraft wieder hoch. Die dort ausgetretene Radioaktivität versetzt inzwischen die ganze Welt in Sorge – und, wie es scheint, gibt es sogar weitere Lecks an ganz anderer Stelle, nämlich an der kanadisch-amerikanischen Grenze. In einem Kernkraftwerk bei Toronto sollen 73.000 Liter belastetes Wasser in den Ontario-See geflossen sein …

Viele weitere gute Gründe für einen Atomausstieg gibt es schon lange, doch nun erst will die Bundesregierung sieben der ältesten Meiler – zumindest vorübergehend – stilllegen. Zwei sind wohl schon vom Netz, womöglich werden sogar bald alle 17 deutschen Kernkraftwerke dauerhaft stillgelegt, wie ein internes Strategiepapier enthüllt.

Dennoch bliebe auch das nur ein Anfang.

Wir leben bekanntlich nicht auf einer Insel, isoliert vom Rest der Welt, sondern in einem vereinten Europa mit insgesamt 146 AKWs, nicht wenige davon in Grenznähe zu Deutschland (die übrigens nur knapp 30 % der Stromversorgung abdecken). Zum Vergleich: In den USA als weltgrößtem Produzenten von Atomstrom sind es 104 aktive Kernkraftwerke.

Was nützt uns eine “atomkraftfreie Zone Deutschland”, wenn in den Anrainerstaaten weiterhin Reaktoren in Betrieb sind, die als zum Teil veraltet sind und als unsicher gelten?

Auch die Endlagerproblematik ist nach wie vor heikel – eine Zeitbombe, die tickt.

Wohlgemerkt: Wir reden hier nur vom zivilen Einsatz der Atomkraft.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass einige Reaktoren grundsätzlich in der Lage sind, Uran anzureichern oder waffenfähiges Plutonim herzustellen. Von wegen zivile Nutzung.

Dann das Thema Uranmunition, die mit verheerenden Folgen im Irak, vermutlich auch in Afghanistan und sogar im ehemaligen Jugoslawien zum Einsatz kam.

Und was ist mit den ganzen Raketen mit Atomsprengköpfen, nur “einen Knopfdruck entfernt” vom Abschuss? Die Zahl der Nationen mit potenziellen Nuklearwaffen wächst beständig.

Aber es gab doch erst kürzlich Abrüstungsversprechen, werden Sie entgegnen. Stimmt, die gab es, doch sie waren nicht das Papier wert, auf dem sie stehen, wie es zeitgeist-Autor Wolfgang Effenberger in seinem Beitrag “Russisch-amerikanische Annäherung durch nukleare Abrüstungsabkommen?” herausgearbeitet hat. Das Kernwaffenarsenal der Atommächte hat heute eine Größenordnung erreicht, die unser aller Vorstellungskraft sprengt.

Es ist jetzt der geeignete Zeitpunkt, konsequent und nachhaltig aus der Kernenergie auszusteigen. Zivil wie militärisch. Und zwar global.

Wussten Sie, dass allein bis 1998 weltweit über 2000 Atombombenversuche stattfanden? Das Video unten zeigt dies eindrücklich auf visuelle und akustische Weise.

Ob der riesigen Zahl erscheint einem der ganze “Tumult” um Japans Kernschmelze beinahe banal. Aber eben nur beinahe.

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4 Kommentare zu „Zu kurz gedacht: Warum ein Ausstieg aus der Atomenergie ganz anders aussehen muss“

  • Dietmar Hartmann says:

    Das einzige immer stichhaltige Argument gegen die Atomkraft ist die fehlende Endlagerung, ein Argument, das immer wieder vergessen wird.

    Hier in meiner Nähe liegt die Asse: ein präsentes Beispiel für die Unfähigkeit von Wissenschaft, Technik und Politik.

    Schwach radioaktiver Müll wird einfach in ein Bergwerk verklappt. So sieht die Endlagerung in Deutschland aus!

    Solange Schiffsführer und Gas-und Wasserinstallateure Schichtleiter und stellvertr. Schichtleiter in AKWs werden können, sehe ich kein Ende der Verarschung der Bevölkerung

  • Hester Goll says:

    Dazu sehr lesenswert:

    Ueberblicksbeitrag: Die Atomkatastrophe in Japan, was sie fuer Japan, uns und die Welt bedeutet …

    zu finden hier:
    http://www.dasgelbeforum.de.org/forum_entry.php?id=208864

  • Michael Musil says:

    Der ganze Atommist wäre überflüssig, würde man die Alternativen nicht ignorieren sondern verstärkt weiter entwickeln. Hier einige Beispiele:

    http://www.michael-musil.de/ziele/BMZ-E5001-15.pdf 
    http://www.browns-gas.de/
    http://www.dailymotion.com/video/xfjg5x_su-yle-calyyan-otomobil_news 
    http://www.youtube.com/watch?v=FCf4_7EgdS4&feature=related
    http://www.youtube.com/watch?v=o3YqCp84IOE&feature=player_embedded
    http://www.youtube.com/watch?v=eOcIEn0ntAc&NR=1&feature=fvwp

    und bei Youtube mit dem Suchwort HHO Generator abfragen

    Wissenschaft:
    http://www.zeitfokus.de/index.php?option=com_k2&view=item&id=633%3Aneue-saubere-energieform-entdeckt&Itemid=57

  • Erich Goergens says:

    Für Fukushima habe ich mich bis zum offenen Brief der IPPNW an die Bundeskanzlerin, engagiert. D.h., als Konstrukteur der an fast allen deutschen AKW’s in den Bereichen gearbeitet hat, wo es u.a. um die Absicherung sicherheitstechnisch relevanter Systeme gegen Seismic ging, konnte ich dort einiges klarstellen.

    Auch an der Sicherheitsstudie für den Schnellen Brüter SNR-300 (mit Prof. Dr. Jochen Benecke, Max-Plank-Institut) habe ich mitgearbeitet. Darüber hinaus habe ich mich 1979 in den USA für den dortigen (bis heute wirksamen)AKW-Baustopp einsetzen können.

    Interessenten können auf meiner Yasni-Seite mehr darüber und über die aktuelle Situation zum Atomausstieg erfahren. Es freut mich das ich hier bei zeitgeist auch auf dieses Thema treffe.

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