Einer, der mit seiner Meinung nicht hinterm Berg hält, auch bei offiziellen Anlässen nicht, ist Tschechiens Präsident Václav Klaus. Erst gestern kritisierte er vor dem Europäischen Parlament, dass der Lissaboner Vertrag die Kluft zwischen den Bürgern und der EU vergrößere und stellte dabei sogar die Rolle des Europäischen Parlaments infrage. Er sprach von “Demokratiedefizit, Entscheidung nicht durch Gewählte, sondern durch Auserwählte, Bürokratisierung der Entscheidungsprozesse” und rief ins Gedächtnis, “dass die eine oder andere institutionelle Anordnung der Europäischen Union kein Ziel zum Selbstzweck ist, sondern ein Instrument zu Erreichung tatsächlicher Ziele”. Aufgrund der Nichtexistenz eines europäischen Volkes, so Klaus weiter, würde eine Stärkung des Europäischen Parlaments zu einem “noch größeren Gefühl der Entfremdung der EU-Bürger von den Institutionen führen”. Wie auf der Internetseite des Europäischen Parlaments zu lesen ist, verliesen an dieser Stelle zahlreiche Parlamentarier aus Protest den Plenarsaal.
Für Klaus werde auch die gegenwärtige Finanzkrise falsch interpretiert, denn seiner Ansicht nach ist die politische Manipulation des Marktes deren Ursache. Fragwürdig scheint jedoch sein Lösungsvorschlag, der einzig und allein in der Liberalisierung und Deregulation der europäischen Wirtschaft besteht – wohl auf die selbstständigen Ordnungskräfte des Marktes vertrauend. Doch hat uns nicht erst die Globalisierung mit ihrem gänzlich entfesselten Kapitalismus, vor allem auf dem Finanzmarkt, die herrschende Krise beschert? Die ganze Rede Klaus’ findet man hier.
Der tschechische Präsident verliert auch in der Klimadebatte deutliche Worte. Als einer der ganz wenigen hochrangigen Politiker betont er in seinem Buch “Blauer Planet in grünen Fesseln. Was ist bedroht: Klima oder Freiheit?” (Wien 2007), dass wir bei all den Katastrophenszenarien und der CO2-Hysterie nicht unseren gesunden Menschenverstand über Bord werfen dürfen: “Die wichtigste Aufgabe der Menschheit ist es, die Realität von der Phantasie und die Wahrheit von der Propaganda zu unterscheiden.” Wohl wahr. Mehr zu diesem Thema in der aktuellen zeitgeist-Printausgabe 1-2009.
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